Von Wichtigkeit und Zufriedenheit

13. März 2014

Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch musste in den letzten Tagen seit seinem Vorstoß in Bezug auf eine Bürgerbefragung zum Bonner Haushalt viel Schelte einstecken. Konkret werden ihm die vorgeschlagene Umverteilung vom Hochkulturbereich in den Sport und die freie Kultur angelastet.

Dabei ist das offensichtlicher Bürgerwille. Zumindest wenn man die am 07.06.2013 zum “Tag der Marktforschung” vorgestellten Ergebnisse der repräsentativen Umfrage von infas/nhi² genau liest.

In den Medien wurden bereits einige Teilaspekte dieser Studie angesprochen (alles GA-Bonn):

Bonner fühlen sich wohl
64 Prozent wollen alle Bäder erhalten
Bonner zufrieden mit Bus und Bahn

In der Studie (Überblick bei Infas) wurde aber ebenfalls der Vergleich zwischen Wichtigkeit und Zufriedenheit hergestellt.

Infas Chart Seite 15 – Differenz ergänzt – Klicken für großes Bild

Dabei fällt auf, das das Angebot an Sportanlagen und Schwimmbädern sowie  kulturellen Einrichtungen und Veranstaltungen mit jeweils 63% (Platz 4/5) den Bürgern überdurchschnittlich wichtig ist. Wichtiger ist den Bonnern nur die Sicherheit, der ÖPNV und die Versorgung mit weiterführenden Schulen. Mit nur 36% unterdurchschnittlich wichtig ist den Bonnern dagegen das Theater-, Opern- und Ballettangebot (letzter Platz).

Der vergleichende Blick zur Zufriedenheit offenbart dann das, was zumindest jeder Sportler längst weiss. Die Bonner sind mit dem Angebot im kulturellen Bereich mit 55% und mit dem Theater-, Opern- und Ballettangebot (52%) zufrieden. Mit dem Angebot an Sportanlagen und Schwimmbädern sind die Bonner mit nur 32% dagegen unzufrieden. Hier herrscht also klarer Handlungsbedarf.

Man kann also Feststellen:

  1. In insgesamt 13 gesellschaftlich wichtigen Bereichen sehen die Bonner große Defizite zwischen Wichtigkeit (Bedarf/ Soll) und Wirklichkeit/Zufriedenheit (Ist-Zustand). Nach Sicherheit, ÖPNV und Schulen werden Sportstätten und Bäder als das 4.-wichtigste Thema angesehen!
  2. Nur beim Thema “Theater-, Opern-, Ballettangebot”, das die Bonner als das unwichtigste Thema einstufen, ist es umgekehrt: Der Ist-Zustand übertrifft den Bedarf um satte 16  Prozentpunkte.

Da die Transferleistungen an das Theater Bonn mit knapp 28 Millionen Euro pro Jahr den mit Abstand größten Einzelposten aller freiwilligen Leistungen der Stadt Bonn darstellen, ist dies nichts anderes als eine gigantische Fehlallokation kommunaler Ressourcen am tatsächlichen Bürgerbedarf vorbei!

Es geht hier also nicht um einen eindimensionalen Konflikt von Sport und Kultur, sondern um ein Problem gesamtgesellschaftlicher Dimension. Eine Beteiligung der Bürger an dieser Frage ist also absolut legitim.

Michael Scharf, Vorsitzender des Stadtsportbund Bonn, äußert sich in einer offiziellen Verlautbarung wie folgt zum Vorstoß des Oberbürgermeisters

In seiner Kanzelrede stellt der Oberbürgermeister Fragen, die für alle politischen Parteien gleichermaßen unbequem sind und er macht hierbei auch vor seiner eigenen Partei bei der politischen Verantwortung für das WCCB nicht halt. Der Stadtsportbund (SSB)  hält eine stärkere Bürgerbeteiligung für sinnvoll, ja grade zu notwendig, alleine schon, um eine ständig wachsende Anzahl von Bürgerbegehren zu vermeiden . Genau diesen Weg wollen wir auch mit unserer Vision „Pro Sportstadt Bonn 2030“  gehen, wo wir eine starke Beteiligung der Bürger wünschen, um gemeinsam darüber zu diskutieren, wie der Sport in Bonn zukünftig aussehen soll. Auch eine von Herrn Nimptsch angesprochene, stärkere Hinwendung zu dem was für die Kinder und Jugendlichen und damit für die Zukunft von Bonn wichtig ist, kann der Stadtsportbund nur begrüßen. Wenn es hierzu eine ergebnisoffene Diskussion gibt, die das jahrelange Festhalten an alten Strukturen beendet, Strukturen, in denen der Sport und die freie Kultur zu den Verlierern gehörte, dann würde dies vom SSB Bonn sehr begrüßt werden.

Von daher hoffen wir, dass die Kanzelrede von unserem Oberbürgermeister ein Aufbruch ist und das bisherige Prinzip „et iss wie et iss“ zu einem „wir sind daran beteiligt wie et kütt“ verändert.

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